Quelle: Gleißenberg – Ein Heimatbuch, von Prälat Josef Kraus, herausgegeben 1973 vom Pfarramt Gleißenberg.
Der 30-jährige Krieg beginnt
In Prag ereigneten sich Dinge (Anm.: Der Prager Fenstersturz), die den fürchterlichen 30-jährigen Krieg einleiteten. Durch drei Jahrzehnte wurde Deutschland verwüstet, blühende Dörfer und Städte wurden in Schutt und Asche gelegt, zahllose Menschen mußten unter entsetzlichen Qualen sterben. Die Vaterlandsliebe war tot, das Fundament der Einheit zerschlagen. Die Todfeinde des deutschen Volkes rief man in das Land; sie brachten mit ihren Landsknechten unsagbares Elend in unsere Gegend und als man nach 30 Jahren die Friedensglocken läutete, glich unsere Heimat beinahe einer Wüste. Wohl hatte anfänglich der 30-jährige Krieg die Note eines Religionskrieges, aber sehr bald bekam er ein rein politisches Gesicht. Als man gar die Franzosen und Schweden rief, war das Ziel des Krieges eindeutig die Schwächung Österreichs und damit des deutschen Kaisers. Unsere Grenzgegend litt unsäglich durch dauernde Einquartierungen von Freund und Feind, unter Brandschatzungen und ständigen Durchmärschen, Lebensmittellieferungen und Kontributionen.
Nicht bloß die Schweden und ihre Verbündeten haben unglaubliche Greuel verübt, auch auf der Seite ihrer Gegner geschahen Dinge, die den Schweden nicht viel nachstanden. Die kaiserlichen Truppen unter Oberst v.Anholt überschritten im September 1621 die Grenze bei Furth und plünderten Grabitz, Grasfilzing, Nößwartling, Ränkam, Lixenn’ed, Degelberg, Ried und Gleißenberg. In Gleißenberg haben sie dem Pfarrer Leonhard Rödel (Roth, Rödelius, Rötteting) die Gurgel abgeschnitten, „etzlich Creutz tyrannisch an die Stirn gebaut und so jemmerlich aufgerichtet, daß er darüber hat das Leben lassen müssen“. Die Gleissenberger lieferten ihren toten kalvinischen Pfarrer zum Begräbnis nach Waldmünchen. In der Sterbematrikel von Waldmünchen findet sich folgender Eintrag: „Am 5. September 1621 wurde hier begraben der Pfarrer von Gleißenberg Leonhardus Röthellus“. Aus dem verschiedenen Farbton der Tinte ist erkenntlich, daß der Nachsatz wohl später beigefügt wurde: „a Bavaricis militibus occisus est“ (von bayerischen Soldaten erschlagen).
Gleißenberg wird wieder katholisch
Ende November 1626 begann die systematische „Rekatholisierung“ der Oberpfalz, die man bisweilen auch „Gegenreformation“ benannte. Es erging der Aufruf des Kurfürsten Maximilian an das Volk, zur katholischen, angestammten Religion, welche die Väter vor hundert Jahren gehabt, zurückzukehren. … Am 27.April 1628 erließ Maximilian ein Anmahnungsmandat“, nach dem eine Frist von einem halben Jahr gegeben werden sollte, in der man freiwillig zur katholischen Kirche übertreten konnte. Die Leute sollten über ihre Absicht verhört werden. Nach diesem Termin sind in Gleißenberg noch 17 „Unkatholische“, d.h. sie hatten sich noch nicht für den Übertritt zum katholischen Glauben entschieden. Die gleiche Zahl von „Unkatholischen“ wird zum nämlichen Termin auch von Geigant gemeldet, die aber als solche bezeichnet werden, „die dann wollen noch kommen, daß es ihnen aber von Herzen geht, erkenn´s Gott“. Nach Umfluß der Bedenkzeit wurde dann im November 1628 die Entscheidung gegeben, entweder Übertritt zur katholischen Kirche oder freier Abzug aus dem Lande. Diese Überlegungsfrist wurde wiederholt verlängert, um jedem reichlich Zeit zu geben. Von solchen, die wegen ihrer kalvinischen oder lutherischen Religion das Land verließen, ist weder in Gleißenberg noch in Geigant etwas bekannt.
Pest und Hungersnot
Nach dem Abzug der Schweden 1634 brach in unserer völlig ausgeplünderten Gegend die Hungersnot aus. Dazu gesellte sich die noch schrecklichere Pest, die das Leben ungezählter forderte. Erbarmungslos schlich dieser Würgeengel durch die Gassen und Hütten. Die Toten wurden ohne Sarg und in den Kleidern, die sie noch am Leibe hatten, fortgeschafft. Man warf sie oft nur in eine schnell aufgeworfene Grube, denn meist war ja an Einzelgräber kaum zu denken. Vielfach wurden die Toten mit Kalk überschüttet und dann notdürftig mit Erde bedeckt. Gleißenberg hatte seinen eigenen Pestfriedhof. Die an der Seuche Verstorbenen wurden in dem Waldstück südlich vom Urschlhaus (jetzt Streck) beerdigt. Noch heute führt es den Namen „Pesthölzl“.
… Der Bericht des Pfarrers Wagner an den Bischof bringt uns noch eine ungemein wertvolle Angabe wegen der Pest: „Was die schauerlichen Verluste der Pest anbelangt, so habe ich fleißig Nachfrage gehalten. In der Pfarrei Waldmünchen leben noch 600 Kommunikanten (Leute etwa vom 12. Lebensjahr aufwärts), aber 1.000 sind durch die Pest abgestorben. In Ast (mit den zugehörigen Ortschaften) finden sich noch 400 Kommunikanten und etwa 46 Kinder, gestorben sind 300 und etliche Personen. Zu Gleißenberg sind ungefähr 300 verblichen (gestorben), es leben noch 400. Der größte Teil ist ohne Kommunion abgefahren (gestorben), weil dazumal an keinem Ort ein Pfarrer gewesen ist“.
Neben den einheimischen Pesttoten scheinen auch Schweden an der Pest in Gleißenberg gestorben zu sein. Davon erzählt uns die bis heute lebendige Tradition. Die Schweden sollen ihre Pesttoten neben einem kleinen Wäldchen beim Weberhaus oberhalb Gschwand begraben haben. Dieses Birkenwäldchen nennt man heute noch das „Schwedenhölzl“ und den angrenzenden Acker das „Gottesackerl“. Ein im Jahre 1964 in München verstorbener Mann aus Gleißenberg erzählte, daß er als 12-jähriger Hüterbub beim Weberbauern in Gschwand gewesen ist. Er mußte seinem Dienstherrn beim Roden des Schwedenhölzls behilflich sein. Dabei kamen neben menschlichen Knochen verschiedentlich auch Hufeisen, Säbel und andere Waffen zum Vorschein. Die Schweden haben ihre Pesttoten wahrscheinlich in voller Eile mit ihrer Ausrüstung bestattet, um von der bösen Seuche nicht angesteckt zu werden. Leider fehlen in Gleißenberg für das Pestjahr 1634 alle kirchlichen Aufzeichnungen. Die Matrikelbücher des Pfarramtes beginnen erst in der Zeit des Pfarrers Prümbs, der 1682 die Pfarrei übernommen hat. Ähnlich ist es in allen umliegenden Pfarreien.