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‚Bayerisches Meran‘ war Wallfahrtsort

Christi flagellati – wundertätiges Christusbild in Gleißenberger Pfarrkirche

Auf eine sagenhafte Begebenheit stößt man, liest man das Gleißenberger Heimatbuch von Prälat Kraus. Darin steht unter anderem beschrieben, dass Gleißenberg einen versteckten Schatz hütet, der in der Pfarrkirche St. Bartholomäus zu bewundern ist.

Schreiben an den Kardinal
Am 07. Oktober 1760 berichtete Pfarrer Georg Nikolaus v. Voithenberg eine in der ganzen Gegend Aufsehen erregende Sache nach Regensburg. Damals war Kardinal Theodor Bischof. ‚Euerer Eminenz berichte ich, dass beim hiesigen Krämer Johann Kunz ein holzgeschnitztes und ungefähr ein Schuh hohes Bildnis Christi flagellati (Statue des gegeißelten Christus) ist. Er hat sie bereits vor 11 Jahren von der Steingadischen Wallfahrt mit nach Hause getragen. Es ist bei den hiesigen Einwohnern und der umliegenden Gegend deswegen in großer Verehrung, weil einige der Meinung sind, dass dem Bildnis am Kopf und Bart die Haare wachsen. Anderen wurde in ihren Anliegen geholfen und infolgedessen sind in dem Hause des Krämers Geld und Wachs geopfert worden.‘

Bildnis wurde nachts vom Pfarrer heimlich sichergestellt
‚Da mir das zu wissen kam und ich zugleich vernahm, dass das kurfürstliche Pflegeamt Waldmünchen daran denke, an den Krämer den obrigkeitlichen Auftrag ergehen zu lassen, das Bildnis nach Waldmünchen zu bringen, habe ich am 03. Februar die Verfügung getroffen, bei Nacht, um den Zulauf der hiesigen Bewohner und andere Unannehmlichkeiten zu vermeiden, die Bildnis Christi flagellati in größter Stille in das hiesige Gotteshaus zu überbringen und auf dem Seitenaltar der 14 Nothelfer in einem mit Glas verschlossenen Kastl, d.h. in einem kleinen Tabernakel zur ordentlichen Verehrung aufzustellen. Auf diese Weise kann ich das Vorgehen der wachsenden Haare und erwiesener Guttaten (wunderbare Gebetserhörungen) auf seinen Wert oder Unwert allein beobachten, da doch fast an jedem Ort und in jeder Kirche solch ein Bildnis zur Verehrung steht.‘

Anliegen und Nöte wurden erhört
‚Von dieser Stunde an bis zur gegenwärtigen Zeit zeigt sich, dass dieses Bildnis des gegeißelten Heilandes fast allen und jedem, die mit wahrhaftem Vertrauen in ihren Anliegen und Nöten Hilfe suchen, ihre Bitte gewährt oder sie in verschiedenen Krankheiten und Anliegen erhört wurden. Viele können aus der beiliegenden ‚Anmerkung der erwiesenen Gnaden und Guttaten‘ jederzeit den Eid der Wahrheit (‚juramentum veritatis‘) ablegen. Sie haben sich dazu bereiterklärt. Darum ist es auch geschehen, dass sehr viele heilige Votivmessen gelesen wurden. Außerdem ist eine ungeheuer große Anzahl der Wachsopfer gegeben worden. Abgesehen von dem großen und kleinen Anhängeschild sind im Opferstock bis 7. Oktober eingegangen 85 Gulden und 57 Kreuzer. Nach meinem Dafürhalten geht es um die Frage, ob diese bisher vielfältigen und vielleicht auch in Zukunft erwiesenen Guttaten und Gnaden öffentlich bekannt gegeben und verkündet werden dürfen und ob überhaupt öffentlich von diesem heiligen Bildnis gesprochen werden darf.‘

Anhang der Guttaten und Gnaden, die der große Gott damit erzeigt und bewiesen hat
‚Die Landesin, Wittib zu Lixenried hat ihr siebenjähriges Knäblein, das sie an beiden Füßen elend und krumpp zur Welt geboren und das nicht zu gehen imstande war, dergestalt Gott anempfohlen und mit heißem Vertrauen durch ihre Bitten begehrt, dass der große Gott sich doch erbarmen möchte und dieses ihr elendiges, krummes Kind wenigstens an einem Fuß so herstellen möchte, dass es von einer Tür zur anderen gehen und das notwendige Brot sammeln und erbetteln könnte. Sie hat sich vorgenommen des anderen Tages in aller Frühe nicht nur die hiesige Pfarrkirche zu besuchen und das gegeißelte Bildnis recht andächtig zu verehren, sondern auch einen Kreuzer zu schenken, da sie damals nicht mehr Vermögen hatte, was sie auch befolgte. Als sie nach verrichteter Andacht wieder nach Hause ging, kam ihr das krumppe Knäblein entgegengeloffen und verkündete seiner Mutter mit Freuden, dass es diese Nacht an einem Fuß vollkommen grad und dargestalt hergestellt worden sei, dass es nunmehr zu gehen imstande wäre. Das hat der Mutter eine ungemein große Freude und Trost verursacht. Jedermann kann ermessen, dass niemand anderer als der große Gott in seinem heiligen Bildnis geholfen hat.‘

‚Ebenso zeigt Barbara Feinerin, Bäuerin von Ulrichsgrün bei Waldmünchen, an und bekennt, dass jüngst auf einmal ihr Ehemann samt vier Kindern erkrankt ist. Da sie sich in ihrem Elend nicht mehr zu raten und zu helfen wusste, erinnerte sie sich des hiesigen Bildnis Christi flagellati. Sie nahm ihre kräftige Zuversicht und ihr Vertrauen hinzu und gelobte das Bildnis zu besuchen und auch ein Opfer zu geben, wenn ihren Erkrankten die Gesundheit geschenkt würde. Das geschah auch, ohne dass ein anderes Mittel in Anwendung kam. Alle krank Darniederliegenden erholten sich noch am gleichen Tage nach und nach und befanden sich frisch und gesund.‘

‚Desgleichen zeigt Georg Fischer, Bauer auf dem Lambertshof an, dass er in einen Wassertrog gefallen sei und sich vier Leibesrippen abgeschlagen habe und zwar so, dass er in größter Lebensgefahr sich befand. Nachdem er sich aber zum gegeißelten Heiland verlobt und ein größeres Opfer zu geben versprochen, ist er, ohne etwas zu gebrauchen, in kürzester Zeit vollkommen wiederhergestellt worden, was er niemand anderem als dem großen Gott zu danken habe. Dieser Fischer dankt ein zweites mal, dass sein Pferd wieder gesund geworden ist, das zuerst keine 3 Gulden mehr wert war, das er aber dann durch diese Hilfe um 46 Gulden verkauft habe.‘

‚Hans Fischer, Taglöhner zu Neumühlen, Gemeinde Arnschwang, bezeugt mit großer Dankbarkeit, dass er auf der rechten Hüfte einen ungeheuer großen und schmerzhaften Beulen gehabt, so dass er in größter Lebensgefahr war. Nachdem er sich aber in diesen betrübt und schmerzhaften Umständen zum hiesigen Bildnis Christi flagellati verlobt und versprochen hatte, es zu besuchen, ist er in kurzer Zeit ohne Anwendung eines anderen Hilfsmittels vollkommen genesen. Er hat seine Dankbarkeit am 08. April abgestattet.‘

‚Sophie Pierlmayerin, Nachtwächterin zu Waldmünchen, meldete, dass ihr Kind aus dem Fenster auf die Gassen bis vier Klafter tief auf die Steine hinuntergestürzt ist. Noch während des Fallens aus dem Fenster hat die Mutter ihr Kind dem gegeißelten Heiland mit einer heiligen Messe verlobt. Dem Kind ist nicht der geringste Schaden passiert.‘

‚Ägid Mühlbauer von Altenrieth, Gemeinde Stamsried, berichtete mit einem geradezu leiblichen Eid, dass sein bereits im 5. Jahr stockblindes Kind wiederum sehend und gesund geworden ist, nachdem er sich hierher verlobt hatte. Jetzt ist es vollkommen hergestellt und hat selbst eine Wallfahrt hierher abstatten können.‘

‚Anna Kreuttingerin von Nunsting unweit Cham verlobte ebenfalls ihr 5-jähriges stummes Kind hierher zum gegeißelten Heiland. Sie verrichtete selber mit dem Kind die versprochene Wallfahrt. Auf dem Weg hierher fing das stumme Kind zu reden an und erhielt in der Kirche zu Gleißenberg die vollkommene Sprache.‘

‚Ein 12-jähriger Bub von Treffelstein war an einem Fuß lahm und dermaßen krüppelhaft, dass er unmöglich ohne ‚Kruckhen‘ gehen und stehen konnte. Er verlobte sich hierher nach Gleißenberg zum gegeißelten Heiland. Als er seine Andacht verrichtete ist er dergestalt genesen und vollkommen hergestellt worden, dass er zur Dankbarkeit und beständigem Andenken seine gebrauchten ‚Kruckhen‘ zurückgelassen und dieselben dem großen Gott aufgeopfert hat.‘

‚Eine andere Person verlobte sich hierher wegen Ihres Kindes, das sie mit einem großen Fuß zur Welt geboren hatte. Sie opferte einen feinsilbernen Fuß. Der Fuß wurde von Tag zu Tag kleiner, so dass jedermann an den Schuhen sehen und erkennen kann, dass sich der Fuß dermaßen verkleinert, dass er geradezu ohne Unterschied dem anderen gleicht.‘

‚Nicht zu schildern sind andere Krankheiten, Gebresten und verschiedene Anliegen, die fast jederzeit, sowohl was Menschen als Vieh anbelangt, Hilfe gefunden, wenn sie mit wahrhaftem Vertrauen ihre Zuflucht genommen oder hierher sich verlobt haben. Das bezeugen insbesondere die Wallfahrer zur Genüge.‘

Antwort aus Regensburg an den Dechant von Cham Adam Ernst v. Bernclau
‚Was der Pfarrer von Gleißenberg wegen einiger bei dem dortigen Bildnis Christi flagellati besonderer Guttaten und deren Veröffentlichung hierher berichtet hat, wird der Herr und Freund (Dechant v. Bernclau) aus den 2 Beilagen des näheren finden. Wir beauftragen denselben, über diese Guttaten nicht über alle, sondern nur über die bedeutenden jene glaubwürdigen Personen, welche als Augenzeugen (‚testes de visu‘) von dem ganzen Hergang genau Auskunft geben können, eidlich zu vernehmen. Die Fragen sind dahin einzurichten, ob und woher sie wissen, dass (wie gleich beim ersten Fall) der betreffende Knabe seit seiner Geburt an beiden Füßen krumm und außerstande gewesen ist, zu gehen. Ob sie selbst denselben Knaben am angegebenen Tag hergestellt und gesund gesehen haben? Woher sie wissen, das ihm durch ein spezielles und handgreifliches Wunder von Gott durch sein heiliges Bildnis geholfen worden ist? Ob man zu einer Kurierung niemals ein ‚medium chirurgicum‘ oder andere natürliche Mittel angewendet habe? Die Ausforschung der übrigen Umstände wird dem Scharfsinn des Herrn und Freundes (Dechant) überlassen. Schließlich wird das hierüber abgefasste Protokoll nebst Auftragsbericht in Bälde erwartet.‘

Dechant Bernclau von Cham recherchiert und befragt Bürger
Am 20. Januar 1761 berichtet Josef Ferdinand von Voithenberg auf Herzogau: ‚Eines meiner Kinder ist mit einem dem anderen ungleichen und großen Vorderfuß zur Welt geboren worden. Er (der Vorderfuß) ist immer merklicher gewachsen und größer geworden, Er wurde jedoch wieder vollkommen hergestellt, nachdem das Kind zum Bildnis Christi flagellati nach Gleißenberg mit einem silbernen Fuß verlobt und aufgeopfert worden ist. Dieser Fuß ist derart gut geworden, dass er von Tag zu Tag verkleinert und dem anderen fast gleich geworden ist. Das habe ich zur schuldigen Dankbarkeit und besonderen Ehre Gottes der Wahrheit gemäß und an Eides statt hiermit bezeugen wollen.‘

Schon am 24. Januar 1761 gibt der Dekan Bernclau seinen Bericht nach Regensburg. Eidliche Untersuchungen, die infolge des Befehls von Seiten des Konsistoriums wegen einiger bei dem Bildnis Christi flagellati in der Pfarrkirche zu Gleißenberg geschehenen besonderen Guttaten (Erhörungen) eingeholt worden sind:

Aussagen an Eidesstatt
Sophie Pierlmayerin, Nachtwächterin zu Waldmünchen, sagt unter Eid aus: ‚Es war ungefähr 4 Wochen vor Pfingsten des letztverflossenen Jahres, da hat sich mein 5/4-jähriges, noch säugendes Söhnlein Hans Wolf mit Namen, ohne Einfätschung, nur mit einem Hemtlein bekleidet auf die Brust in das offene Fenster gelegt, um mit einem anderen etwas größeren Kind zu spielen. Da stürzte es zum Fenster hinunter. Wenn man auf natürliche Weise von der Sache redet, dann wäre es kein Wunder gewesen wenn das Kind sich in Stücke und Trümmer gefallen hätte. Als wir das Kind von der Erde aufhoben, hat es kein einziges Lebenszeichen mehr von sich gegeben; allem Anschein nach war es tot und hat kein Gliedlein gerührt. Nachdem die Mutter in Ihrem äußersten Schrecken den gegeißelten Heiland zu Gleißenberg um Hilfe angerufen und ihr tot vermeintes Kind im Augenblick darauf gerührt, die Wänglein und Lippen gefärbt und längstens in einer Viertelstunde die Brust der Mutter wieder angenommen. Es befindet sich auch noch am heutigen Tag frisch und gesund. Nicht das mindeste Merkmal oder irgendeine Verletzung ist geblieben. Bei diesem Vorfall sind noch 2 oder 3 Personen gegenwärtig gewesen. Sie haben sich über die so augenscheinliche Hilfe des allerhöchsten ungemein verwundert und haben ihn in seinem Bildnis zu Gleißenberg gelobt und gepriesen. Ohne jeden Zweifel waren sie dessen sicher, dass das Kind ohne besonderes Wunder unmöglich vor allem Schaden und Unglück bewahrt geblieben wäre.‘

‚Sophie Pierlmayerin sagt weiter unter Eid aus, dass ihr 70-jähriger Ehemann Thomas Pierlmayer 12 Jahre lang mit einem entsetzlichen Leibschaden behaftet war. Der fast alltäglich bei der kleinsten Bewegung in Größe eines Maßkruges herausgekommen ist, wodurch er zu aller Arbeit ganz unfähig wurde. Wie nun diese Pierlmayerin am heiligen Pfingsttag des vergangenen Jahres die verlobte heilige Messe in der Pfarrkirche zu Gleißenberg für Ihr Kind zur Danksagung hat verrichten lassen, hat sie zu gleicher Zeit ihren Ehemann bei dem Bildnis Christi flagellati abgelöst mit 6 Kreuzern und von dieser Stunde an hat er sich sofort gebessert und zwar ohne Anwendung eines anderen Mittels, nur dass er weiterhin eine ganz schlechte (schlichte, einfache) Bandage getragen hat, so dass der Leibschaden niemals wieder in oben besagter Größe, sondern dass er sich nur das eine oder andere Mal (und das sehr selten) in der Größe einer welschen Nuß hat verspüren lassen. Er kann jetzt seine Arbeit (Gott sei unendlicher Dank gesagt) soweit es sein Alter gestattet, ohne Hindernis verrichten. Hiermit hat sie ihre eidliche Aussage abgeschlossen.‘

‚Am 8. Februar wurde vernommen Ägidius Mühlbauer, armer Inlaß zu Altenrieth, Gemeinde Stamsrieth. Er bekräftigte mit einem wirklichen Eid, den er bei der Kommission geschworen, dass dessen 5-jähriges Stieftöchterl Maria Felicitas Altin vor zwei Jahren von bösen und ungesunden Feuchtigkeiten dermaßen an beiden Augen verdorben und übel zugerichtet worden ist, dass sie über ein Jahr lang mit sehr großen Schmerzen stockblind daniederlag. Jedermann hatte an ihrer Wiedergenesung und Wiedererlangung des Augenlichts verzweifelt. Wegen ihrer Armut konnte kein anderes Mittel angewendet werden, als das man ihr die sogenannte Fehlwurzel angehängt hat, ohne den mindesten Erfolg oder Besserung. Aber sein Eheweib, die rechte Mutter des Kindes, brachte in Erfahrung, es sei durch ein Verlöbnis zu dem Bildnis Christi flagellati einem anderen Bauernkind am Striemhof, Gemeinde Stamsrieth, geradezu augenblicklich an einem Aug, das an einer Stelle gänzlich überzogen war, geholfen worden. Dann hat auch Sie Ihr an beiden Augen erblindetes Kind in vollkommenem Vertrauen auf die unendliche Allmacht und Güte Gottes mit einem kleinen Opfer von 6 Kreuzern und Gebet dahin verlobt. Von dieser Stunde an haben sich die zuerst heftigen Schmerzen beruhigt und die Röte der Augen hat sich gänzlich verloren. Ohne Gebrauch eines anderen Mittels als der erwähnten Fehlwurz hat sich alles nach und nach so wunderbar verzogen, dass das stockblinde Kind in Bälde sein völliges Augenlicht wieder bekommen hat. Es hat das geringe verlobte Opfer nach Gleißenberg gebracht. Der Aussager und alle anderen, welche das Kind vor und nach dieser Wunderkur mit Augen gesehen haben, glauben, dass diese geschwinde Hilfe in keiner Weise der gebrauchten Fehlwurz als vielmehr dem allmächtigen Gott in seinem Bildnis zu Gleißenberg zuzuerkennen ist. Damit schließt sich die eidliche Aussage.‘

‚Am 18. Februar wurde Barabra Lankhesin, arme Wittibin Inweib von Lixenried, Gemeinde Gleißenberg, vernommen. Sie beteuert ebenfalls unter Eid auf Ihre Seel und Ewigkeit, dass ihre Aussagen wahr sind. Als sie am 3. Februar des vergangenen Jahres von Neukirchen b. Hl. Blut, wo sie eines Geschäftes wegen gewesen ist, wieder in ihre Herberge nach Lixenried spät abends zurückgekommen, erzählte ihr die Hauswirtin (Hausbesitzerin) Elisabeth Ertlin mit Freuden, wie an dem Tag ihrer Ankunft das Bildnis Christi flagellati aus dem Haus des Krämers in die Pfarrkirche zu Gleißenberg übertragen worden sei. Als die Lankhesin das hörte, empfand sie einen inneren Antrieb, so dass sie in heftigster Begehr den wirklichen Vorsatz machte, den Allerhöchsten in seinem Bildnis gleich am Morgen des anbrechenden Tages in der Pfarrkirche zu Gleißenberg zu besuchen. Sie war bereit, dabei ihr Vermögen, das in einem einzigen Kreuzer bestand, flehentlichts zu opfern und demütig zu bitten, damit der große Gott sich ihrer erbarme und ihr 6-jähriges Kind Hans Leonhard mit Namen, das an beiden Füßen elendig verkrüppelt auf die Welt gekommen war, es sollte wenigstens an einem Fuß hergestellt werden, auf dass es sein Brot erbetteln und doch wenigstens dem Vieh auf Wegen und Straßen ausweichen könne. Diesen kräftigen Vorsatz hat sie am Tage darauf in aller Frühe, da ihr Kind noch im Bette lag, ausgeführt und dabei zwei heilige Messen angehört. Unter ständigem Bitten wiederholte sie, es solle ihrem Kind doch wenigstens nur an einem Fuße geholfen werden. Dann ging sie wieder nach Hause. Das arme Kind, das zuvor weder gehen noch stehen konnte, kam ihr einige Schritte vor dem Hause entgegen und rief ihr mit Freuden zu: ‚Oh Mutter schau! Ist mir diese Nacht mein Fuß (auf den linken deutend) gerade geworden.‘ Darüber ist die Zeugin vor lauter Freude und Verwunderung fast außer sich gekommen, als sie da mit eigenen Augen sah und mit Händen griff, dass ihrem krumpen Kind an dem linken Fuß wirklich geholfen und dass am unteren Gelenk das ziemlich große Beulengewächs von früher nunmehr verschwunden war. Der Bub konnte jetzt ohne jedes Hindernis Weg und Steg gehen. Was das Wunder noch vermehrte, er kann mit anderen Kindern gleichen Alters um die Wette laufen und ihnen sogar vorlaufen, wie das andere Leute zu ihrem größten Staunen gesehen haben. Dass dem nicht anders ist, dafür nimmt sie nochmals Gott und alle Heiligen zu Zeugen. Es könnten noch mehr Augenzeugen beigebracht werden, die den Buben vorher und nachher gesehen haben.‘

‚Es war ein Knabe, Wolf Ederer mit Namen, 13 Jahre alt, welcher einer Wittib namens Maria Ederin in Momir (?), Hofmarch Arnstein (jetzt Premeischl) Gemeinde Witzlermühl (Witzlersmühle, Pfarrei Ast) bei welchem anno 1760 am Palmsonntag eine Fußkrankheit mit Stechen und Geschwulst vermischt, derart sich eingestellt, dass er 14 Wochen nicht bloß bettlägerig gewesen sei, sondern auch keinen Tritt auf dem Fuß hat stehen können. Bei dieser Krankheit hat der Bub und dessen Mutter zwar den dortigen Bader geholt, der zweimal eine Salbe angewendet hat; von dieser Anwendung war jedoch nicht die mindeste Linderung zu verspüren. Weil so die menschlichen Mittel nicht geholfen, hat sich die Mutter des Buben zu Gott gewandt und ihn bei dem Bildnis Christi flagellati zu Gleißenberg mit drei Kreuzern als Opfer und ihrem Gebet verlobt. Es war zwar zuerst der Fuß oder das Knie, an dem der Bub die Schmerzen gehabt vor dem Verlöbnis aufgebrochen und dabei einiges Wasser abgegangen, die Schmerzen haben sich aber keineswegs verloren. Nach dem Verlöbnis hat es sich aber mit dem Knaben in Kürze soweit gebessert, dass er mit Hilfe der Krücken bis nach Gleißenberg (es war am Himmelfahrtstag des vergangenen Jahres) zu dem Bildnis hat gehen können, wenn er auch unterwegs solche Schmerzen empfunden hat, dass er meinte, es sei unmöglich, nach Gleißenberg zu kommen. Nachdem er aber beim Gnadenbild angelangt, das Opfer gebracht und die Andacht verrichtet hatte, hat der Bub zu seiner Mutter gesagt, dass der Schmerz völlig nachgelassen hat. Frei und ohne Beihilfe der Krücken hat er seinen Weg aus der Kirche und von draußen nach Hause machen können. Zum Dank hat er die Krücken beim Gnadenbild zurückgelassen. Bis zur heutigen Stunde ist er ohne Schmerzen und kann den Fuß gebrauchen. Das alles hat nicht nur der Bub, sondern auch dessen Mutter und andere Hofbesitzer zu Witzlermühl getreulich bekennen müssen. Dass das Vorstehende nicht anders ist wie es schriftlich niedergelegt ist; bezeugen sub fide nobili: Hofmarch Arnstein, 03. Februar 1761: Johann Nepomuk v. Reisach, Kurfürstlicher Durchlaucht in Bayern, Kammerer, Regierungsrat.‘
Dann folgte die Unterschrift des Dechant Bernclau.

Antwort des Erzdechanten Adam Ernst von Bernclau
Am 25. Februar 1761 schrieb der Erzdechant von Cham an das Konsistorium: ‚Inliegend den gnädigsten Kommissionsbefehl vom 31. Dezember vergangenen Jahres in Sachen und Guttaten, die vom Pfarrer von Gleißenberg berichtet worden sind und die bei dem dortigen Bildnis Christi flagellati erhalten worden sind. Es soll die öffentliche Erforschung, die ich einstweilen über 3 besondere Guttaten eingeholt habe, beigelegt werden. Ob nicht infolge der besonderen wundervollen Genesung des von Geburt krumpen Knaben noch mehrere Zeugen unter Eid vernommen werden sollen? Ich lege die Mitteilung bei, dann zwei herrschaftliche Zeugnisse.‘
Unterschrift Adam Ernst von Bernclau.

Konsortium genehmigt die Verkündigung der Gebetserhörungen

Am 01. Juli 1761 kam die Antwort aus Regensburg an den Pfarrer von Gleißenberg mit folgender Notiz: ‚Auf die eidliche Erfahrung (Vernehmung), die wir aufgrund unseres Auftrages durch den Herrn Dekan von Chamb eingeholt haben, wird die Ordinariatsverwilligung hiermit erteilt, dass die bei dem dortigen Bildnis Christi flagellati (Christus an der Geißelsäule) erhaltenen besonderen Gebetserhörungen (‚benefica plane insignia‘) von der Kanzel verkündet werden dürfen.‘

Für zwei Priester schien unter diesen Umständen die Arbeit (in Gleißenberg und Geigant) zu viel geworden zu sein. Darum schrieb am 10. August 1761 Pfarrer Georg Nikolaus v. Voithenberg an den Bischof und Kardinal von Regensburg wegen eines zweiten Kooperators. ‚Die Pfarrei Gleißenberg sei schwierig zu versehen. Von allen Seiten sei sie von hohen Bergen umgeben. In Geigant müsse an jedem Sonn- und Feiertag Gottesdienst gehalten werden, auch jede Kindstaufe muß dort sein. Der Hin- und Rückweg über den hohen Berg sei sehr beschwerlich, ganz besonders zur Winterzeit wegen der Schneemassen und der schlechten Gehwege. Der Kooperator müsse wirklich viel Widriges ausstehen was zum Leidwesen des Pfarrers zu häufigen Versetzungen Anlass gebe. Als Pfarrer habe er sich viel Gedanken darüber gemacht, wie das Übel zu beheben sei. Und da sei er auf den Gedanken gekommen, beim Bischof um einen Supernumerarius (überzähliger Kooperator) zu bitten. Er stelle sich das mit der Besoldung so vor, die beiden Kooperatoren sollen die Arbeit an der Filialkirche zu gleichen Lasten teilen und ebenso die Besoldung und die Stolarien. Dazu könne man noch etwas geben von dem, was bei dem Bildnis des gegeißelten Christus eingehe.‘

‚Heiland in der Wies‘
Zum Abschluss des Berichtes über den gegeißelten Heiland wäre wohl noch eine Antwort zu geben auf die Frage, warum dieses Bildnis bisweilen auch ‚Heiland in der Wies‘ genannt wird. Es handelt sich hier nicht um eine Darstellung der Geißelung, sondern um ein Bild des Herrn ohne Schergen. Die volkstümliche Bezeichnung dafür war ‚Heiland in der Marter‘ oder ‚Heiland in der Wies‘. Diese letzte Bezeichnung hat nichts zu tun mit ‚Wiese‘ (‚pratum‘), sondern ist ein althochdeutsches Wort ‚wize‘ (Marter oder Pein). Später hat man den Sinn des Wortes nicht mehr verstanden und hat daraus ‚Wiese‘ gemacht. Klar erhalten hat sich dieses Wort in der Bezeichnung ‚Wieskirche‘ und überhaupt in den ‚Wieskapellen‘.

Quelle: Gleißenberg – Ein Heimatbuch, von Prälat Josef Kraus, herausgegeben 1973 vom Pfarramt Gleißenberg.

Aufbereitet von Wolfgang Daschner im September 2007.