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Diplomarbeit zum Hochwasserschutz vorgestellt

Auf Initiative von Bauoberrat Thomas Henning von der Direktion für Ländliche Entwicklung wurde von Professor Andreas Ottl von der Fachhochschule Regensburg eine Diplomarbeit zum Thema Hochwasserschutz in Gleißenberg vergeben. Ansatzpunkt war ursprünglich die Bachfreilegung im Rahmen der Dorferneuerung Gleißenberg. In diesem Zusammenhang sollte eine Beschreibung der Situation Gleißenberg in Bezug auf mögliche Hochwasserereignisse erstellt sowie eine mögliche ökologische Aufwertung der Bachläufe geprüft werden. Vor einigen Tagen stellten nun die angehenden Bauingenieure Norbert Langer und Josef Schmid dem Gemeinderat Gleißenberg im Beisein von Prof. Ottl und Baudirektor Heinrich Beer die Ergebnisse in Form einer beeindruckenden Präsentation vor.

Im Rahmen der Diplomarbeit sollte untersucht werden, welche Möglichkeiten im Gemeindegebiet Gleißenberg für Hochwasserrückhaltemaßnahmen vorhanden sind. Ausgangspunkt der Überlegungen war anfallende Regenereignisse, die sich in drei Bächen sammeln, durch eine künstliche Bachregulierung so abzuschwächen, dass v.a. in der Ortschaft kein Überlaufen des Bachgerinnes mehr entstehen kann. Dies sollte durch kleine, wenn möglich hintereinander geschaltete Aufstaubecken durchgeführt werden. Angrenzend an den Bachverlauf liegen meist als Wiesen bewirtschaftete Flächen, die dafür zeitlich begrenzt als Retentionsflächen genutzt werden können. Die hierfür nötigen Maßnahmen sollen mit den natürlichen Gegebenheiten so weit wie möglich harmonieren. Da keine konkreten Anforderungen an das Maß des Hochwasserschutzes für den Bereich Gleißenberg bestehen, sollte ebenso ausgelotet werden, welche Maßnahmen in welchem Umfang als sinnvoll betrachtet werden können. Durch Umbaumaßnahmen in den siebziger Jahren im Zuge der Flurbereinigung waren die Bachläufe stellenweise begradigt, die Bachsohle mit Wasserbausteinen befestigt bzw. das Gerinne komplett ausgebaut worden. Damit wurde der Abfluss beschleunigt, was zwar für Gleißenberg verbesserten Hochwasserschutz bedeutet, die Problematik aber nur an de Unterlauf der Flüsse verlagert. Dies sollte wieder rückgängig gemacht werden unter Berücksichtigung einer ökologischen Aufwertung der Bachläufe.

Die Vorgaben
Im Ortsgebiet Gleißenberg gibt es keine akuten Hochwasserprobleme, jedoch tritt an einer Stelle der Bach aus seinem Gerinne über und gefährdet Privathäuser. Die Gemeinde Gleißenberg hat sich zum Ziel gesetzt, für sich und nachfolgende Gemeinden Hochwasserschutz zu betreiben mit einer ökologischen Aufwertung der Bachläufe. Deshalb sollte auch bachabwärts nach der Ortschaft planerisch berücksichtigt werden, auch wenn dies für den Ort Gleißenberg mittelbar keinen Nutzen hat. Da auch der Naturschutz eine entscheidende Rolle spielt, sollen die Regenrückhaltebecken, wenn möglich nicht störend in die Natur eingreifen. Das bestehende Landschaftsbild darf nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Deshalb sollte unter der Prämisse geplant werden den Bachverlauf querende Straßen als Staukörper zu benutzen, um somit kein neues störendes Bauwerk in die Landschaft zu setzen. Ebenso sollte die vorhandene wirtschaftliche Nutzung der am Bachrand liegenden Wiesen so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Hauptsächlich Wiesen können ohne bleibende Schäden für einen kurzen Zeitraum eingestaut werden. Die Hochwasserrückhaltebecken sollen nicht ausgehoben werden, sondern natürliche Flächen künstlich für einen kurzen Zeitraum eingestaut sein.

Zusammenfassung der Ergebnisse
Als Endergebnis unserer wasserwirtschaftlichen Untersuchung für den Bereich Gleißenberg – Ried mit Schwerpunkt Hochwasserrückhalt in der Fläche kann man sagen, dass für die einzelnen Bachverläufe genügend Geländeabschnitte gefunden wurden, die man sinnvoll für Retentionsbecken verwenden kann. Die den Bachverlauf querenden Straßenverläufe können sehr sinnvoll für die Gestaltung der Rückhaltebecken genutzt werden. Auch wenn man durch diese Ausführungsweise im Bezug auf die Lage der Becken relativ festgelegt ist, greift man so doch am wenigsten in das bestehende Landschaftsbild ein, was dabei auch anzustreben ist. Nach der Auswertung der Geländeaufnahme wurde ein entscheidender Punkt klar. Man hat mit geringen Aufwendungen im Bereich des Dammbaus so gut wie keine Möglichkeit, positiv in die Gewässerregulierung einzugreifen. Es bringt nichts, im Zuge der Erneuerung des teilweise brüchigen Straßenbelages, einfach einen halben Meter auf die bestehende Böschung draufzuschlagen, um so ein Rückhaltevolumen zu erzeugen. Dies wäre nämlich so gering, dass es keinen sinnvollen Hochwasserschutz für die Ortschaft Gleißenberg bieten würde. Deshalb ist es nötig, die Straßenböschung in einer Größenordung von 2 Meter zu erhöhen. Somit kann ein für die Ortschaft wirklich gefährdendes Regenereignis im Bereich eines 20-jährigen Hochwasserereignisses abschwächt werden. Es ist auch nicht sinnvoll, sich bei den gegebenen Voraussetzungen auf kleinere Hochwasserereignisse zu konzentrieren. Das Gerinne in der Ortschaft selber ist technisch ausreichend ausgebaut, so dass sich nur an den zwei Engstellen jeweils am Ortseingang der beiden Gewässer Hüttenbach und Wiegenbach Probleme ergeben könnten. Durch die Retentionsmaßnahmen ist man aber in der Lage, bis zu einem bestimmten Grad, je nachdem wie groß man die Becken auslegt, das Übertreten des Baches aus seinem natürlichen Gerinne zu verhindern. Die Ausarbeitung der Beckengröße ist nur eine mögliche Variante. Man kann mit den Parametern des anzusetzenden Regenereignisses, der Beckengröße und der Abflussregulierung durch das Schütz sehr viel variieren. Auch wurde deutlich, dass sich die Regenrückhaltebecken in relativ kurzer Zeit (nach ca. 6 bis 18 Stunden) wieder entleert haben werden und somit kein wesentlicher Schaden durch den Aufstau in den dafür vorgesehenen Wiesen entstehen kann.

Festlegung der Retentionsflächen
Insgesamt wurden 4 verschiedene Retentionsbereiche für die Bachläufe im Bereich Gleißenberg festgelegt und die Kosten für deren Verwirklichung geschätzt. Es ist davon auszugehen, dass der Straßen- und Wegaufbau über die komplette Länge des zur Einschließung des Retentionsbeckens erhöhenden Bereiches erneuert werden muss. Ebenso muss dieser Bereich durch eine Dammschüttung erhöht werden und an den bestehenden Straßenverlauf angepasst werden. Der für die Maßnahmen nötige Grunderwerb wird in dieser Ermittlung nicht berücksichtigt. Alle Kostenangaben beruhen auf Erfahrungswerte von bereits bestehenden Hochwasserrückhaltemaßnahmen. In Bereichen Steinrieder, Kesselhütte und Hofmühle würde mit der Erhöhung einer querenden Straße und dem Einbau eines Drosselbauwerkes als Dammdurchlass ein maßgeblicher Hochwasserschutz entstehen. Die Vorteile wären, dass kein neuer Baukörper in der Landschaft nötig ist sowie keine Beeinträchtigung der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen erfolgen wurde. Darüber hinaus wäre ein positiver Nebeneffekt, dass die Straße in diesem Bereich erneuert würde. Nachteilig wäre der notwendige Grunderwerb für die Dammverbreiterung.

Für den Bereich des Wiegenbaches schlagen die beiden Diplomanden eine Erhöhung der Straßenquerung im Bereich Steinrieder vor. Damit würde bei einer Stauhöhe des Wiegenbaches von 2,60 m eine Retentionsfläche für ca. 5500 cbm Wasser geschaffen. Im Bereich Kesselhütte würden mehrere hintereinandergeschaltete Dämme mit einer Höhe von 3,0 m für den Hüttenbach ein Volumen von ca. 8300 cbm ergeben. Bei der Einmündung des Bogenbaches in den Hühnerbach bietet sich die dritte Staustufe an. Mit einer Dammhöhe von 2,1 m könnten hier ca. 7.000 cbm Wasser aufgestaut werden. Die letzte Retentionsfläche läge nach dem Vorschlag der Diplomanden im Bereich Rußmühle und würde den Hühnerbach ca. 2,0 m aufstauen, was einem Retentionsvolumen von ca. 12.000 cbm entspricht. Bei einem starken Regenereignis würden sich diese Retentionsflächen im Zeitraum von 3-6 Stunden füllen. Nach dem Ende des Regens wären alle Becken innerhalb maximal 18 Stunden wieder geleert. Für die Gemeinde sind natürlich die Kosten ein entscheidender Faktor bei diesen Maßnahmen. Hier ermittelten die Diplomanden für die 4 Abschnitte Kosten von 100.00 bis 159.00 Euro, was eine Gesamtsumme von 543.000 Euro ergäbe.

Möglichkeiten der Renaturierung
Die wichtigsten Möglichkeiten einer Renaturierung wären die Abflachung und Ausweitung der Ufer, ein mäandrierender Bachlauf sowie entsprechende Bepflanzung. Alle Maßnahmen sollten dabei am besten gleichzeitig ausgeführt. Sie dienen der Reduzierung der Schleppkraft, der Reduzierung erodierbarer Materialien und damit der Stoffbelastung, und führen Wasser-Land-Übergangszonen, in denen sich Vegetation und Fauna gleichermaßen ansiedeln können. In Längsrichtung würden Wasserbausteine eingebaut und damit der Wasserstrom von den lehmigen und abrasionsempfindlichen Uferpartien ferngehalten. Zur Unterspülung der Ufer kommt es dort, wo die Wanderwirbel größerer Abflussereignisse die lockeren Ablagerungen aufnehmen, und durch den ständigen Aufprall dieser Partikel der Uferfuß erodiert wird. Maßnahmen zur Ufersicherung müssen daher immer wieder durchgeführt werden, solange der Energiehaushalt des Gewässers in Unordnung ist. Es ist daher notwendig, eine allmähliche Entwicklung des Baches zum natürlichen Gleichgewichtszustand einzuleiten bzw. zuzulassen, um stabile Zustände zu erhalten. Hierzu zählt als wichtigste Voraussetzung genügend Platz, um eine solche Entwicklung zulassen zu können. Möchte man die Sedimentbelastung im Gewässer verringern, so wäre es von Vorteil, die erodierten Uferbereiche mit geeigneten Geräten aufzuweiten und dabei abzuflachen. Durch eine großzügige Abflachung der Ufer bis 1:3 mittels Bodenabgrabung kann im Bereich von Erosionsufern der Profilquerschnitt erweitert und damit eine Verringerung der Fließgeschwindigkeit herbeigeführt werden. In Längsrichtung wird darüber hinaus ein Wechsel zwischen schmalen und breiten Abschnitten erreicht. Die Vorteile liegen darin, dass einerseits keine weiteren Sicherungsmaßnahmen mehr notwendig werden, da Aufbrüche nicht mehr zu befürchten sind. Die Aufnahmekapazität des Bachbettes für Wasser wird gesteigert und die Mäander wirken dabei wie Abflussbremsen, d. h. Wasserrückhalteeffekte werden bewirkt. Mäanderbildung bedeutet eine Laufverlängerung und somit eine deutliche Verzögerung des Abflussgeschehens, eine Minderung der Schleppkraft und nicht zuletzt auch der Seiten- und der Tiefenerosion. Entscheidendes Kriterium für einen naturnahen Bachverlauf im Einzugsgebiet ist, dass die allmähliche Verlagerung des Bachbettes toleriert werden muss, und somit neue Mäander entstehen können. Gerinneaufweitungen sind problemlos möglich, sie erhöhen ebenfalls die ökologische Vielfalt. Handelt es sich allerdings um massive Aufweitungen, so ist darauf zu achten, dass keine flächigen Wasserbereiche entstehen, die von einem Wasserlauf durchflossen werden. Für Tiere, deren Wanderverhalten von der Strömung bestimmt wird, bedeutet eine derartige „Stillwasserzone“ eine unüberwindbare Wanderungsbarriere. Aus Gründen der biologischen Vielfalt sind verschiedene Querschnitte erwünscht. Durch Variieren der Böschungsneigungen beim Abflachen der Ufer, die Ausbildung von Bermen und asymmetrische aber auch symmetrische Querschnitte, wird dies erreicht. Ein Vorteil asymmetrischer Uferböschungen liegt in der unterschiedlichen Bepflanzungsmöglichkeit. Beispielsweise kann das Gleitufer eine Wiesengesellschaft tragen, während am Prallufer Röhricht oder Gehölze die Sicherung übernehmen. Erst Gewässer mit größeren Sohlbreiten zeigen in der Regel eine deutliche Vegetationszonierung mit Röhricht-, Weichholz- und Hartholzzone.

Besondere Bedeutung haben Uferstreifen für einen sogenannten Biotopverbund und damit für zahlreiche Pflanzen und Tierarten. Nur wenn sie ausreichend breit ausgebildet sind, kann das Gewässer schadlos Eigendynamik entwickeln. Aus ökologischen Gründen sollte der Uferstreifen ohne Unterbrechung und so breit wie möglich sein. Die Vegetation solcher Uferstreifen sollte in Anlehnung an natürliche Verhältnisse unterschiedliche Gehölz-, Kraut- und Staudenarten aufweisen. Uferbefestigung mit Lebendverbau ist ein hochwirksames und sehr kostengünstiges Instrument, um weiterer Erosion entgegenzutreten. Ufergehölze dienen nicht nur der Sicherung und Stabilisierung des Gewässers, sie leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Strukturvielfalt und zur Bereicherung des Landschaftsbildes in der Wiesenaue. Der Uferbereich sollte unterschiedlich dicht bepflanzt sein und sich in Gehölzgruppen, Einzelgehölze und auwaldähnliche Bereiche aufteilen. Ein ausreichend dimensionierter und gut strukturierter Gehölzsaum hat zahlreiche Wohlfahrtswirkungen, nicht zuletzt wird dadurch ein übermäßiges Wachstum krautiger Pflanzen behindert. Ausreichend breite und flache Uferbereiche bedürfen an sich keiner Pflanzung, weil sie spontan im Zuge der Sukzession besiedelt werden.

Fazit
In einer regen sich anschließenden Diskussion betonten sowohl Prof. Ottl als auch Baudirektor Beer und die Mitglieder des Gemeinderates den Wert der ermittelten Daten und der daraus resultierenden Vorschläge für die Gemeinde Gleißenberg. Zwar sei angesichts der enormen Kosten und der leeren Kassen eine schnelle Realisation nicht möglich, aber trotzdem stellen die vorgelegten Daten wichtige Planungsunterlagen für die künftige Entwicklung der Gemeinde dar. Und falls sich eine entsprechend günstige Zuschusssituation ergäbe, könnte ja die Planung Stück für Stück umgesetzt werden, da sich insgesamt 4 unterschiedliche Bauabschnitte anbieten. Da ein Großteil des resultierenden Hochwasserschutzes in erster Linie den Unterliegern und nicht Gleißenberg direkt zugute kommen würde, müsste das Gesamtprojekt in übergeordneten Dimensionen gesehen werden. Professor Ottl gab abschließend seiner Hoffnung Ausdruck, dass irgendwann Teile der Maßnahmen realisiert werden könnten. Bürgermeister Christl bedankte sich bei Baudirektor Beer und der Direktion in Regensburg für die Inauftraggabe dieser Diplomarbeit. Herrn Prof. Ottl sowie Bauoberrat Thomas Hennig dankte er recht herzlich für die Betreuung. Den beiden Diplomanden Langer und Schmid galt schließlich der Dank für die überaus umfangreiche und gelungene Planung. Als Erinnerung an Gleißenberg überreichte Christl an die beiden angehenden Bauingenieure je einen Gemeindeteller.