Und damit eine Wiederbelebung ihres Dorfzentrums, da es ein Nachnutzungskonzept für den Landgasthof Pongratz gibt – Bürgermeister, Investoren und Landrat stellen Pläne vor
Der 18. Oktober 2023 hat das Potenzial, in die Geschichte von Gleißenberg als Meilenstein einzugehen. Zumindest ist das, was an diesem Mittwoch vorgestellt worden ist, beispielhaft: Dank Ideen und unternehmerischem Mut in Kombination mit staatlicher Förderung und einem Bürgermeister, der koordiniert und anschiebt, wird das Herz von Gleißenberg wiederbelebt. Im Klartext: Das altehrwürdige Gebäude des Landgasthofs Pongratz bekommt eine neue Nutzung – und Gleißenberg sogar sein eigenes Bier.
„Mayer-Bräu“ soll es heißen und ein Helles sein, wie Andreas Mayer im Pressegespräch wissen lässt. Der 23-Jährige, der im vergangenen Jahr als bester Brauer und Mälzer im Bezirk der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz ausgezeichnet worden ist, will das einstige Schlachthaus des Landgasthofes Pongratz in eine Kleinbrauerei umbauen (siehe unten). Zudem wird eine Pizzeria eröffnen, eventuell auch wieder die Metzgerei-Filiale und im Ober- sowie im Dachgeschoss sind Appartements oder Wohnungen geplant, so Helmut Müller, der Besitzer des Gebäudes. „Ein wichtiger Termin“, fasste es Bürgermeister Wolfgang Daschner bei der Begrüßung zusammen.
Das wurde am Mittwochvormittag im Sitzungssaal des Gleißenberger Rathauses auch daran deutlich, dass neben Landrat Franz Löffler und den Investoren einige Gemeinderäte an dieser Pressekonferenz teilnahmen. In deren Verlauf erfolgte auch die Übergabe des Förderbescheids durch Frank Langguth vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz an Andreas Mayer. Bürgermeister Daschner hob in diesem Zusammenhang den Wert dieser Förderung, die aus dem Topf „Kleinstunternehmen der Grundversorgung für vitale Dörfer“ kommt, hervor. Das noch laufende Dorferneuerungsprogramm in Gleißenberg habe dies ermöglicht.
Pizzeria und Metzgereiladen
Daschner zeigte sich erfreut, dass die langen Bemühungen, wieder Leben in den Gasthof Pongratz zu bringen, nun erfolgreich sind. So habe sich kürzlich jemand gefunden, der dort eine Pizzeria eröffnet. Es handle sich um einen in Rimbach lebenden Gastronom. „Vorerst wird es nur ein Abholgeschäft sein. Die Leute werden sich aber ins Gasthaus reinsetzen und dort alkoholfreie Getränke konsumieren können. Das ist aber noch ausbaufähig“, so Daschner. Zudem ließ er wissen, dass die Chancen gut stünden, den Metzgereiladen zu reaktivieren. Eine Hürde, hierfür Personal zu gewinnen, habe er als Bürgermeister bereits überwinden können. „Wir sind guter Dinge, dass sich in Kürze hier was bewegt.“ Zudem begrüßte er ausdrücklich, dass Unternehmer und Gebäudebesitzer Helmut Müller im ersten Stockwerk sowie im Dachgeschoss Appartements oder Wohnungen plant.
Vorgaben für Kulturscheune
Nicht unerwähnt ließ Wolfgang Daschner, dass die ebenfalls entstehende Heimat- und Kulturscheune, für welche die Gemeinde 60 Prozent Förderung erhält, „keine Konkurrenz zu einheimischen Betrieben sein wird“. Dort werde es keinen Gaststättenbetrieb und auch keine Privatfeierlichkeiten geben. Dagegen sollen hiesige Betriebe und Vereine Veranstaltungen abhalten können, „jedoch dabei auf jeden Fall einheimische Unternehmen berücksichtigen, wenn das Angebot vor Ort da ist, so dass letztendlich jeder davon profitieren kann“. Daschners Ziel: „Wir wollen gemeinsam etwas auf den Weg bringen, damit es für das Dorf passt.“
Eine wichtige Rolle spielt dabei Helmut Müller, der dem Landratsamt für die gute Unterstützung dankte. „Wichtig ist, dass in dieses Haus Leben reinkommt.“ Fraglich sei noch, ob der Saal komplett umgebaut oder der Schützenverein in diesen Bereich wechselt. „Wir werden etwa 1,5 Millionen Euro investieren“, kündigte Müller an.
Was hier in Gleißenberg passiert, nannte Landrat Franz Löffler sehr bemerkenswert. Es werde ein zentrales Gebäude nicht nur saniert, sondern auch mit Leben erfüllt. „So eine Entwicklung ist ein Miteinander“, betonte Löffler, weshalb es wichtig sei, dass dies auch vom Verbraucher angenommen wird. Hier würden ein renommiertes Unternehmen, ein innovativer Bürgermeister und ein junger Braumeister, den er als Glücksfall bezeichnete, hervorragend zusammenwirken.
Löffler nutzte die Gelegenheit, um die Bedeutung regionaler Erzeugnisse hervorzuheben. „Ein Volk, das sich aus Wohlstandsgründen immer auf andere verlässt, wird es in der Zukunft nicht so leicht haben“, mahnte der Landrat. Wenn es gelinge, wieder mehr lokal zu produzieren und dies auch von den Bürgern angenommen wird, „dann haben wir ganz viel richtig gemacht“. Im Fall von Gleißenberg sei dem Amt für Ländliche Entwicklung eine wichtige Rolle zugekommen, weil es diese Region weiterentwickelt. Löffler abschließend: „Ich bin sehr angetan von diesem Projekt, das für die Zukunft dieser kleinen Gemeinde eine große Bedeutung hat.“
Bis zu 6000 Liter im Monat – Im Frühjahr soll Andreas Mayers erstes Bier fließen
Wenn Corona was Gutes hatte, dann die Ideen, die in der Pandemiezeit geboren wurden. So auch die von Andreas Mayer, sein eigenes Bier zu brauen – „bei mir zu Hause in der Mama ihrer Waschküche“, wie er am Mittwoch erzählte. Nachdem das erste Gebräu gut gelungen war, überlegte er, das Ganze größer aufzuziehen. Als Helmut Müller den Landgasthof Pongratz gekauft hatte, begutachtete Mayer das dortige alte Schlachthaus. „Da wusste ich auf den ersten Blick: Das wird was!“ Eine kleine, gebrauchte Brauerei-Anlage fand er in Frankfurt am Main. Auch diese Fünf-Hektoliter-Anlage überzeugte ihn. So fehlte nur noch das Finanzielle. Hier tat sich eine Förderung durch das Amt für Ländliche Entwicklung auf. Mit der Übergabe des Förderbescheids in Höhe von 25000 Euro „ist mit dem heutigen Tag der Startschuss gefallen für die Realisierung im Gasthof Pongratz“.
In zwei Wochen wolle er mit dem Umbau loslegen. Die alten Gerätschaften kommen heraus. Die Bausubstanz sei noch sehr gut. „Es müssen nur leichte Verbesserungen gemacht werden.“ Dann kommen die Fünf-Hektoliter-Brauanlage sowie Lager- und Gärtanks hinein. Mit ihr können bis zu 6000 Liter Bier pro Monat gebraut werden. Die Abfüllung in Flaschen wird in der Further Brauerei Dimpfl, wo Mayer auch weiterhin arbeiten wird, stattfinden. Der Vertrieb ist vor Ort und in der näheren Umgebung geplant, unter anderem auch im Laden des Kreuzerhofs in Furth im Wald.
„Ich mache das vor allem für unser Dorf, damit wieder Leben einkehrt“, hob Mayer deutlich hervor und betonte, wie fest er in Gleißenberg verwurzelt ist. Er, der selbst in den Vereinen aktiv ist, wolle dem Rückgang des Dorflebens entgegenwirken. „Da muss man was machen“, so der 23-Jährige, weshalb er auch Veranstaltungen wie eine Dorfmeisterschaft, ein Brauereifest, den Kirta oder einen Tag des Bieres plane.
150-jährige Historie
Die Geschichte des alten Landgasthofes Pongratz reicht in Gleißenberg über 150 Jahre zurück. Wie Bürgermeister Daschner erinnerte, habe es bereits ab 1878 in diesem Gebäude eine Brauerei mit dem Namen „Zur Post“ gegeben. Sie war bis 1930 aktiv betrieben worden. „Dieses Braurecht soll nun wieder aktiviert werden.“ Doch es wurde im Herzen von Gleißenberg nicht nur Bier gebraut, sondern dort fanden auch die Menschen zusammen.
So ist am Nikolaustag 1911 durch 28 Gleißenberger der „Zimmerstutzenverein Gleißenberg“ gegründet worden. Der erste Schützenmeister war der damalige Brauerei- und Gasthof-Besitzer Johann Schmidt. Der spätere Gasthof „Zur Post“ wurde auch das Vereinsheim der Schützen. Daschner schilderte, wie einst Schießabende ausgesehen haben: Es wurde Karten gespielt, Bier getrunken und nacheinander jeder aufgerufen, durch ein Loch drei Schüsse auf eine Ringscheibe abzugeben.
Bis heute hat der Schützenverein 1911 seine Schießanlage im Keller des einstigen Landgasthofes. „Wir sind da im Gespräch, hier eine Verbesserung herbeizuführen. Die Schützen sollten dort bleiben können, schon wegen der Historie“, so Bürgermeister Daschner. Es ist angedacht, die Anzahl der Schießstände von derzeit vier aus Sicherheitsgründen auf drei zu reduzieren.
Dass nicht nur die Schützen dort weiterhin ein Zuhause haben können, sondern in dieses historische Gebäude die Tradition des Bierbrauens zurückkehren kann, bezeichnete das Gemeindeoberhaupt als eine „sensationelle Sache“. Die ersten Schritte hierzu seien gemacht. „Er hat sich mit super Ideen an mich und den Gemeinderat gewandt“, lobte Daschner Andreas Mayer. In dem einstigen Schlachthaus finde er auf den rund 200 Quadratmetern beste Voraussetzungen. „Mich als Bürgermeister freut das natürlich ganz besonders“, zumal er überzeugt ist, dass dies seinem Dorf, das einst zwei Bäckereien, fünf Gaststätten und neun Gemischtwarenläden hatte, guttun werde.
Symbolische Förderbescheidsübergabe als Startschuss für die Wiederbelebung des Gasthofes Pongratz im Herzen von Gleißenberg: Landrat Franz Löffler, Frank Langguth vom Amt für Ländliche Entwicklung, Brauer Andreas Mayer, Bürgermeister Wolfgang Daschner und Investor Helmut Müller (von links). – Bereits in zwei Wochen soll mit dem Umbau des einstigen Schlachthauses begonnen werden und auf rund 200 Quadratmetern die Kleinbrauerei entstehen. Für 1,5 Millionen Euro will Helmut Müller das alte Gasthaus (Bild unten) modernisieren. (Fotos und Text: Thomas Linsmeier, Chamer Zeitung)