20.Oktober 2000 – Die Arbeitskreise stellten ihre Ergebnisse vor
Im Rahmen der anstehenden Dorferneuerung in Gleißenberg stellten am Wochenende die Arbeitskreise ihre Ergebnisse eines arbeitsreichen Jahres vor. Es wurden umfangreiche Daten über den Dorfkern hinsichtlich Infrastruktur, Bevölkerungsentwicklung, Baubestand, Kultur und Ökologie erfasst und in anschaulichen Schautafeln dargestellt. Auf der Basis der Bürgerbefragungen werden insgesamt ca. 30 Einzelmaßnahmen für die Dorferneuerung vorgeschlagen. Als Leitbild für die weitere Entwicklung wurden ferner insgesamt 5 Thesen formuliert und der Bevölkerung präsentiert. Die Ergebnisse dienen der zu wählenden Teilnehmergemeinschaft und dem Gemeinderat als wichtige Grundlage für die anstehende Dorferneuerung. Baudirektor Beer von der Direktion für Ländliche Entwicklung zeigte sich von den Ergebnissen der Arbeitskreise begeistert und stellte eine Erhöhung der Fördermittel in Aussicht. Ferner wird das gesamte Gemeindegebiet gemäß den Wünschen der Gemeinde in das Verfahrensgebiet aufgenommen, wodurch mögliche private Fördermaßnahmen für alle Bürger zur Verfügung stehen.
Zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger darunter sehr viele aus dem ´Unteren Dorf´ – hatten sich am vergangenen Freitag im Pongratz-Saal eingefunden, um die ersten Ergebnisse der anstehenden Dorferneuerung zu erfahren. Waren die Erwartungen im- Vorfeld sicherlich schon groß, wurden sie von dieser Veranstaltung jedoch noch deutlich übertroffen. Die einzelnen Arbeitskreise präsentierten ihre Ergebnisse klar und übersichtlich in einem sehr angenehmen und unterhaltsamen Rahmen, der sicherlich für eine derartige Veranstaltung ungewöhnlich ist. Noch vor Begrüßung durch den federführenden Mitarbeiter der Direktion für Ländliche Entwicklung für die Dorferneuerung Gleißenberg, Bauoberrat Thomas Henning, eröffnete die Gleißenberger Dorfmusi die Informationsveranstaltung mit einem flotten Stück. Herr Hennig konnte neben Bürgermeister Christl und dem Gemeinderat vor allem Baudirektor Beer, Herrn Bösl vom Landwirtschaftsamt Cham sowie Pfarrer Josef Bräu recht herzlich Begrüßen. In seiner kurzen Einführung erinnerte Henning an die erste Veranstaltung vor einem Jahr, die zur Gründung von 3 Arbeitskreisen führte. In dieser Zeit haben, so Herr Hennig mit sichtlichem Stolz, die Arbeitskreise überdurchschnittliches Engagement gezeigt und hervorragende Vorarbeit geleistet. Nunmehr sei es an der Zeit die Ergebnisse zu präsentieren, was im folgenden durch die einzelnen Arbeitskreise geschah.
Arbeitskreis Infrastruktur
Für den Arbeitskreis ´Dörfliche Entwicklung und Infrastruktur´ gab Anton Pfeifer zunächst einen kurzen geschichtlichen Rückblick über die Entwicklung Gleißenberg. Grundlage dazu bildeten die Katasterkarten, wobei die älteste aus dem Jahr 1848 datiert. Bemerkenswert dabei, dass seit dieser Zeit der Dorfkern geblieben ist. Die Bevölkerungsentwicklung blieb bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg konstant bei ca. 600 Einwohnern, ehe durch die Vertreibung ein Sprung auf über 700 Einwohner folgte. Der nächste wichtige Schub erfolgte erst mit der Ausweisung des Baugebietes Südwest 1987. Mittlerweile ist die Bevölkerungszahl konstant über 1000 angestiegen. Im Anschluß lieferte Rudi Simeth in einem interessanten Diavortrag den Vergleich zwischen Gleißenberg damals und heute. Auf zwei Dialeinwänden wurden jeweils alte Photos und aktuelle Aufnahmen gegenübergestellt. Wie Herr Henning abschließend zur Einführung betonte sei das Ziel eine menschliche Dorferneuerung mit Herz. Es müsse ein lebenswertes und liebenswertes Dorf erhalten und weiterentwickelt werden. Denn jedes Dorf lebt nur durch die Bewohner, deren Lebensqualität gesteigert werden müsse. -Peter Fritsch vom Arbeitskreis Infrastruktur präsentierte anschließend die aktuelle Bestandsaufnahme des Dorfkern, der auf Hausbefragungen aller Bürger beruht und damit sehr repräsentativ ist. Neben einer Schautafeln mit Impressionen aus Gleißenberg wurde eine Gebäudestatistik vorgestellt. Hier zeigte sich, dass die Gebäude im Ortskern durchschnittlich 40-60 Jahre alt sind und meist mehrfach umgebaut wurden. Dabei sind die verschiedenen Baustile deutlich erkennbar und ein leider bedauerlicher Weg hin zu funktionalem Bauen festzustellen, der meist etwas steril ist. Der Arbeitskreis regt daher ein Baufibel für Gleißenberg an, in der den Bauherrn Tipps und Hinweise für einen verträglichen und ins Ortsbild passende Bau gegeben werden. Alarmierend ist die Bevölkerungsstruktur im Dorfkern. Mehr als 50% der Bewohner seien älter als 40 Jahre und davon wiederum die Hälfte älter als 60 Jahre, so Peter Fritsch weiter. Dies deute auf eine deutliche Überalterung hin. Die Gemeinde und die Bürger seien gefordert den Dorfkern auch wieder für junge Leute attraktiv zu machen, sonst bestehe die Gefahr dass in absehbarer Zeit viele Gebäude leer stehen oder alte, charakteristische Bausubstand abgerissen werde. In einer dritten Statistik untersuchte der Arbeitskreis die Arbeitsplätze. Hier zeigte es sich deutlich, dass ein Großteil der Berufstätigen als Pendler tätig sind. Hier sei die Gemeinde gefordert durch Schaffung von Arbeitsplätzen einer Abwanderung entgegen zu wirken und eine räumliche Nähe von Arbeit und Wohnen zu schaffen. Gleißenberg habe nicht zuletzt durch die Dorferneuerung eine Chance für die Zukunft, doch müsse der Ort fit gemacht werden für das anstehende Jahrtausend.
Arbeitskreis Ökologie
Die Mitglieder des Arbeitskreises ´Ökologie und Umwelt´ beschäftigten sich mit den Themen Grünflächen, Parkplätze und Versiegelung. Klaus und Renate Feiler hatten in mühevoller Kleinarbeit alle Grünflächen im Ortskern erfasst und stellten die Ergebnisse vor. Sie hielten ein eindrucksvolles Plädoyer für Laubbäume und einheimische Sträucher und Bäume. Fichte und Tanne gehören in den Wald, so die klare Aussage. Sie seien unverändert im Jahreslauf, während Laubbäume die Jahreszeiten anzeigen. Ferner sollte man kleine Biotope für die Kleintierwelt anlegen und Grünoasen schaffen. Grün ist die Farbe der Hoffnung und hat zudem positive Auswirkungen auf das Gemüt. Herr und Frau Feiler verwiesen auch auf die Beratungsmöglichkeiten im Rahmen der Dorferneuerung durch die verschiedenen Fachstellen. Bereits mit etwas Grün könnten gravierende Bausünden überdeckt und abgemildert werden. Ein weiteres gravierendes Zeitproblem ist die zunehmende Versiegelung der Flächen, die – Max Hastreiter und Thomas Aschenbrenner anhand von Schautafeln auch für Gleißenberg belegten. In einen glänzend gespielten Sketch stellten Sie die Folgen der Versieglung für den Wasserhaushalt dar. Da Wasser nicht mehr natürlich versickert sondern ins Kanalsystem gelangt, muß eigentlich sauberes Regenwasser aufwendig gereinigt werden. Ferner wirkt sich dies auf den Grundwasserspiegel aus. In Gleißenberg ergeben allein 60.000 qm versiegelte Flächen bei einer Niederschlagsmenge von 2 Litern pro Stunde eine Wassermenge von 120.000 Liter Regenwasser. Das entspricht 13 Eimer Wasser pro Stunde pro Einwohner die als kostenlose Ressource ungenutzt vergeudet werden. Als Folgerung daraus ergibt sich eine konsequente Regenwassernutzung für den einzelnen, wobei natürlich auch die Gemeinde die entsprechenden Weichen stellen sollte. – Als weitere kostenlose Ressource steht auch die Sonnenenergie bereit, die durch Warmwasserkollektoren, Photovoltaikanlagen und angepasste Bauweise mit entsprechender Dämmung genutzt werden sollte. Ein weiteres Problem stellen in Gleißenberg die Parkplätze dar. Im Ortskern sind sie zuwenig und ausgewiesene Parkplätze werden nicht ausreichend angenommen. Bianka Robl zeigte anhand von Grafiken die derzeitige Parkplatzsituation auf. Als Folgerung aus den Erfahrungen sind speziell die großen Flächen Dorfplatz und Rathausvorplatz klar zu gliedern und zu strukturieren. Es muß klar erkenntlich sein welche Flächen zum Fahren, zum Parken und für Fußgänger vorgesehen sind. Weiterhin ist zu überlegen, ob Straßen auf denen beidseitig geparkt wird, nicht einseitige Parkbuchten wesentlich sinnvoller sind um die Befahrbarkeit sicherzustellen. Grünstreifen sollten ferner Strasse und Fußweg getrennt werden.
Arbeitskreis Kultur
Nach einem weiteren Zwischenspiel der Dorfmusi ging es im Arbeitskreis Kultur hauptsächlich um den Begriff ´Lebensqualität´. – Hedwig Klein ging auf die Vereinsstrukturen im Dorf ein, die eigentlich sehr gut sind. Bemängelt wurde lediglich das Fehlen eines Burschen- und Gesangsvereins sowie einer aktiven Pfarrjugend. Frau Klein betonte auch die Einheit von Kirche, Gemeinde, Vereinen und Jugend. Ein aktives Vereinsleben müsse vor allem auf die Jugend setzen. Jeder einzelne ist gefordert seinen Beitrag zu leisten. Denn ein Dorf ist auf Dauer nur mit einer intakten und aktiven Dorfgemeinschaft lebensfähig. Bauoberrat Henning griff im Anschluß diesen Gedanken nochmals auf und verwies vor allem auf die Pfarrei. Ein altes Sprichwort sagt, dass der Ort stirbt, wenn der Pfarrer geht. Hier gelte es bereits frühzeitig die Weichen für die Zukunft zu stellen. Insgesamt können die Ergebnisse der Arbeitsgreise in 5 Thesen zusammen gefasst werden, die zusammen das Gleißenberger Leitbild für das 3.Jahrtausend ergeben. Als erste These ist das Dorfbild zu erhalten und zu gestalten, während in der zweiten These gefordert wird Gleißenberg als attraktiven Wohnstandort auszubauen. Die Erhaltung von Landschaft und Natur in und um Gleißenberg sowie das Streben nach einem lebendigen, friedlichen Dorf sind weitere Thesen. Schließlich ist das Bewusstsein zu stärken, dass Gleißenberg zwar verkehrtechnisch abseits, aber doch zentral im Städtedreieck Cham-Furth-Waldmünchen liegt. Wie Herr Henning abschließend formulierte hat sich gezeigt, dass Gleißenberg mit seinem Engagement und der Mitarbeit und Unterstützung der Bürger ein hervorragendes Potential für die Zukunft besitze. Die Direktion für Ländliche Entwicklung in Regensburg sei nunmehr gefordert, die entsprechenden Mittel zu stellen.
Gesamtes Gemeindegebiet wird Verfahrensgebiet
In seinem Grußwort dankte Bürgermeister Christl den Arbeitskreisen und Herrn Henning herzlichst für das gezeigte Engagement. Die erfassten Daten bilden eine wichtige Grundlage für die zukünftigen Entscheidungen des Gemeinderates. Als ein erstes konkretes Ergebnis nannte Bürgermeister Christl die Vermessung des unteren Dorfes durch die Direktion, was der Gemeinde viel Geld ersparte. Trotzdem habe die Gemeinde noch die dringende Bitte das gesamte Gemeindegebiet in das Verfahrensgebiet aufzunehmen. Ferner sei natürlich eine Aufstockung des Etats wünschenswert angesichts der Vielzahl der möglichen Projekte. In jedem Fall, so Bürgermeister Christl weiter, sei die Dorferneuerung Gleißenberg ein Glücksfall für die Gemeinde. – Baudirektor Beer aus Regensburg zeigte sich in seiner Antwort zunächst beeindruckt von der Präsentation der Ergebnisse. Er habe, so Beer weiter, etwas derartiges noch nicht erlebt und zeigte sich begeistert. So viel es ihm auch nicht schwer Bürgermeister Christl die Zusage zu geben, dass das gesamte Gemeindegebiet einschließlich Ried in das Verfahrensgebiet aufgenommen wird. Dies hat den Vorteil, dass alle Bürger die Möglichkeit haben Anträge auf Förderung von Privatmaßnahmen zu stellen. Hierzu wird in absehbarer Zeit eine eigene Informationsveranstaltung stattfinden. Hinsichtlich der Finanzmittelausstattung sagte Herr Beer zu, dass er sich für eine Aufstockung einsetzen werden, jedoch heute noch keine konkrete Zusage hierzu machen könnte. Bezüglich des weiteren Vorgehens stellte Herr Beer in Aussicht, dass die Dorferneuerung Gleißenberg in etwa zum Jahreswechsel angeordnet werden wird und dann im nächsten Schritt eine Teilnehmergemeinschaft gewählt werden muß. Diese beschließt dann in enger Kooperation mit der Gemeinde die einzelnen Projekte. Er sei sicher, dass die Dorferneuerung Gleißenberg auf einem sehr guten Weg sei, so Herr Beer zum Abschluß. Herr Henning beschloss die Veranstaltung dann mit dem Hinweis, dass die Schautafeln noch in den nächsten Tagen im Gasthaus Pongratz für die Öffentlichkeit bereit stehen. Den würdigen Abschluß der Veranstaltung bildete dann das ´Gleißenberger Lied´, das von Thomas Feiner, Max Fechter und Max Lankes wiederentdeckt und glänzend vorgetragen wurde; ´Gleißenberg ich grüße dich viel tausend Mal´.