Quelle: Gleißenberg – Ein Heimatbuch, von Prälat Josef Kraus, herausgegeben 1973 vom Pfarramt Gleißenberg.
Die Einfallstore der Hussiten waren zwischen Osser und Czerkow, also vor allem über Furth und Waldmünchen. Zur Verteidigung hatte man den Aufruf erlassen, alle Türme und Friedhöfe zu befestigen. Aus dem Jahre 1629 ist uns ein Bild von Gleißenberg, gezeichnet von Tobias Schubhardt, erhalten. Die Kirche und der sie umgebende Friedhof präsentieren sich darauf als Kirchenburg. Sie sind mit trutzigen Mauern als Wehranlage ausgebaut. Die hohen Mauern sind sicherlich nicht erst wegen der Hussitengefahr aufgeführt worden. Solche Kirchenburgen wurden insbesondere häufig an sonst unbefestigten kleinen Orten errichtet. Freilich wird man die Mauern damals in Anbetracht der Gefahr schleunigst ausgebessert haben. Die südliche Friedhofmauer macht noch heute den Eindruck der Wehranlage. Die anderen Mauern sind längst abgebrochen worden bis zu einer gewissen Normalhöhe. Die Erhaltung der Befestigungsmauern um den Friedhof bildete allezeit eine Sorge der Pfarrei Gleißenberg. In den Jahrhunderten nach den Hussitenkriegen tauchen immer wieder Klagen auf, daß die Mauern sehr schadhaft, ja geradezu am Einstürzen seien.
… 1431 verbrannten die Hussiten das Schloß des Erasmus Sattelboger in Amschwang, aber dem Schloßherm gelang es, dem Feind einen Hinterhalt zu legen und mit Hilfe der Bauern eine feindliche Abteilung zu überwältigen. Wieder zogen die Hussiten nach Bayern, um Proviant zu bekommen, denn in Böhmen war Hungersnot wegen mangelhafter Bestellung der Felder. 5 00 Reiter und 1. 1 00 Mann Fußvolk unter Führung der Hauptleute Pardus und Ritka wurden zur Plünderung der Oberpfalz ausgeschickt. Über Neukirchen b.h1.BI., Walderbach, Roding, Reichenbach drangen sie raubend und sengend bis Nabburg vor. Reich mit Beute beladen wollten die Hussiten bereits wieder heimkehren, als Herzog Johann von Neumarkt-Neunburg sie bei Hiltersried stellte. Die Hussiten glaubten, ihm eine besondere Rache schuldig zu sein, weil sein Pfleger Teynstorffer zu Hirschau seinerzeit den Hieronymus von Prag gefangen genommen und an den Kaiser nach Konstanz ausgeliefert hatte. Als der Pfalzgraf die Hussitengefahr kommen sah, bot er das Landvolk ringsumher auf, sandte Botschaft an den benachbarten Adel und sammelte die bewaffnete Mannschaft auf der Schwarzenburg bei Rötz. Der Oberbefehl wurde dem bereits kampferprobten Hintschik Pflug übertragen. Der Bannerträger war Wilhelm Paulsdorfer. Neben ihm stand ein siebzigjähriger rühmlich bekannter Haudegen, Johann Zenger von Schneeberg, ferner der Wartberger von Kürnberg, Ulrich Thürlinger auf Thürlstein, Hans Sazenhofer auf Frauenstein, Marquard Stär, Pfleger von Cham, Ulrich Fronhofer, Albrecht von Treffelstein und Bodenstein und andere. Unter diesen Anderen, die nicht mit Namen genannt sind, mag auch der Hausner (Hans Hausner oder dessen Sohn) von Burgstall bei Gleißenberg gewesen sein.
… Vor dem Aufbruch wurde noch Gottesdienst gehalten, dann setzte sich der Zug in Bewegung. Es war der St. Matthäustag, 21. September. Der schon bejahrte Pfalzgraf Johann wollte in seinem heiligen Zorn persönlich noch mitkämpfen wider die Ketzer, aber sein Sohn Christoph und die Ritter gaben es nicht zu. Der Pfalzgraf warf sich während des Kampfes vor dem Sakramentshäuschen in der Pfarrkirche zu Neunburg v.W. nieder und flehte mit ausgespannten Armen nebst seiner Gemahlin Beatrix Gott um Sieg und Barmherzigkeit an. Unterdessen war das Heer den Räubern nachgeeilt und überraschte sie bei Hiltersried in einem verschanzten Lager. Die Hussiten stellten sich grimmig zur Wehr. Sie hatten auf einer Anhöhe, die heute noch „Hussitenbirl“ heißt, ihre Wagenburg aufgebaut, die eine trutzige Festung zu sein schien, denn ihre Wagen waren miteinander verkettet und schienen jedem Angriff zu trotzen. Die tapferen Oberpfälzer nahmen die Wagenburg in die Zange und durchbrachen sie ungestüm. Dann begann ein fürchterlicher Nahkarnpf. 1.177 Tote blieben auf der Walstatt und 330 gerieten verwundet in Gefangenschaft. Nur einem kleinen Rest gelang die Flucht, darunter waren die beiden Hauptleute Pardus und Ritka, die bei Grafenried über die Grenze entkamen. Die Bayern verloren 10 Ritter und 129 Mann. Ganz Deutschland jubelte ob des Sieges bei Hiltersried. Endlich war der Feind überwunden, den man für unüberwindlich hielt. Die tiefen Wunden freilich, welche dem Lande und dem Volke geschlagen worden waren, forderten noch eine gute Zeit bis sie vernarbten. Überall war Not und Elend, ganze Ortschaften waren verlassen und niedergebrannt.
… Trotz der schweren Niederlage erhoben die Hussiten nochmals ihr freches Haupt und erschienen 1434 vor dem benachbarten Waldmünchen, nahmen es ein und zerstörten es so schrecklich, daß es einige Jahre öde dalag. … Im gleichen Jahr (1434) wurde Gleißenberg eine trostlose Brandstätte. Es wurden bisher keine Urkunden darüber gefunden, aber bei diesem letzten Einfall der Hussiten scheint der Burgstall genommen worden zu sein. Damit erlischt das Geschlecht der Hausner, deren letzter Sprößling wohl hierbei den Tod gefunden hat. So wird die zeitliche Eroberung und Zerstörung der Burg von Gleißenberg wohl zu datieren sein mit dem Ansturm der Hussiten im Jahre 1434, wo die Tschechen in der ganzen Gegend so schlimm gehaust haben. Später gingen solch zerstörende Kriegszüge nicht mehr über unsere Gegend hinweg. Die Geschichte des 30-jährigen Krieges läßt sich einwandfrei verfolgen und in all diesen Jahren wird der Burgstall nicht mehr genannt.
… Auch das 16.Jahrhundert brachte keinerlei Ruhe für das kleine Grenzdorf. In den Glaubenskriegen wurde die Bevölkerung mehrmals gezwungen den Glauben zu wechseln. Zunächst folgte um 1554 der zwangsweise Wechsel zum lutherischen Glauben mit der Einsetzung eines protestantischen Pfarrers, doch schon im Jahre 1559 fanden auf Betreiben des Pfalzgrafen Friedrich III. kalvinistische Visitationen mit erzwungenem Glaubenswechsel statt. Der Kalvinismus war eine Religionsrichtung, die sich auf den Franzosen Jean Kalvin beruft und keinerlei Kirchenschmuck, Tanz oder Kartenspiel mehr zulässt. Wer beim Abendmahl fehlt wird bestraft, auf Ehebruch steht die Todesstrafe und Beerdigungen erfolgen in aller Stille ohne jedes Gedenkzeichen auf dem Grab. Der Nachfolger Friedrichs des III., Ludwig VI, war wiederum Lutheraner und so musste auf Befehl die Oberpfalz gleich wieder den Glauben wechseln. Doch bereits dessen Nachfolger Johann Kasimir, der 1583 an die Macht kann, war wieder Anhänger des Kalvinismus. Gemäß dem Gesetz ´Cuius regio, euis religio´ (Wessen Reich, dessen Religion) wurde erneut ein Glaubenswechsel von oben befohlen. Wie Prälat Kraus berichtet, haben die Gleißenberger nicht richtig mitgespielt. Im Herzen sind sie immer katholisch bzw. protestantisch geblieben. Der grausame und kalte Kalvinismus konnte sich nie richtig durchsetzen. Aber erst im Jahre 1626 war es den Gleißenbergern möglich zur Religion der Väter zurückzukehren.